/Beitrag

Der Weg zu einem generellen Glyphosatverbot in Österreich – Ein Zeichen für leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen?

Das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat ist sowohl europaweit als auch in Österreich in den letzten Monaten immer wieder in den Fokus der Öffentlichkeit getreten. In zwei Urteilen des EuG wurden die Entscheidungen der EFSA, mit denen der Zugang zu Studien über die Toxizität und die krebserregende Wirkung des Wirkstoffes Glyphosat verweigert wurde, für nichtig erklärt und somit der öffentliche Zugang zu Informationen ermöglicht. In der Nationalratssitzung vom 2.7.2019 wurde in Österreich - als erstem Mitgliedstaat in der EU - ein generelles Verbot von Glyphosat gestützt auf das Vorsorgeprinzip beschlossen. Der Antrag für ein partielles Verbot blieb dabei in der Minderheit.

Das Pflanzenschutzmittel Glyphosat ist sowohl europaweit als auch in Österreich in den letzten Monaten immer wieder in den Fokus der Öffentlichkeit getreten. Bei Glyphosat handelt es sich um eine in Pflanzenschutzmitteln verwendete chemische Substanz, welche erstmals 1974 von der amerikanischen Firma Monsanto mit dem Handelsnamen „Roundup“ verkauft wurde[1]. Der Wirkstoff findet sich mittlerweile in hunderten von Pflanzenschutzmitteln und ist somit eines der gängigsten Herbizide in der Union. Im Jahr 2017 wurde die Genehmigung in der EU für Glyphosat bis Dezember 2022 verlängert. Nationale Verbote von Glyphosat-basierten Pflanzenschutzmitteln oder die Einschränkung ihrer Nutzung wären dabei trotz einer Zulassung des Wirkstoffs auf EU-Ebene jedoch grundsätzlich möglich[2].

Immer wieder stand und steht Glyphosat im Verdacht krebserregende Wirkung zu haben - dies vor allem auch vor dem Hintergrund der in den USA entschiedenen Fälle gegen Monsanto, in welchen Schadenersatz in Millionenhöhe zugesprochen wurde[3]. In zwei Urteilen des EuG[4] wurden die Entscheidungen der EFSA, mit denen der Zugang zu Studien über die Toxizität und die krebserregende Wirkung des Wirkstoffes Glyphosat verweigert wurde, für nichtig erklärt[5]. Durch diese Entscheidungen soll somit der öffentliche Zugang zu Informationen gewährleistet werden. Im Sinne des SDG 16.10 („Den öffentlichen Zugang zu Informationen gewährleisten und die Grundfreiheiten schützen“) kann der Ausschluss der Öffentlichkeit in wichtigen Bereichen wie Gesundheit nicht toleriert werden. SDG 16 fordert Transparenz und Zugang zu derart wichtigen Informationen!

In Österreich wurde mit dem in der Nationalratssitzung vom 2.7.2019 beschlossenen generellen Glyphosatverbot ein Vorstoß gegen das umstrittene Pflanzenschutzmittel gemacht. Der NR hatte sich mit zwei Anträgen zur Nutzung von Glyphosat zu beschäftigen. Von der SPÖ wurde bereits im Dezember 2017 ein Antrag[6] für ein generelles Verbot von Glyphosat eingebracht. Darin wurde eine Novelle des Pflanzenschutzmittelgesetzes 2011[7] dahingehend gefordert, dass das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat im Sinne des Vorsorgeprinzipes verboten werden solle. Begründet wurde dies damit, dass das Vorsorgeprinzip besonders bei wissenschaftlicher Ungewissheit anzuwenden sei. Auch nach unterschiedlichen wissenschaftliche Studien und dem andauernden Expertenstreit über die krebserregende Wirkung würden Zweifel an der Ungefährlichkeit des Wirkstoffes für den Menschen nach wie vor bestehen. Trotz der Verlängerung in der EU solle der Wirkstoff in Österreich zur Gänze verboten werden. Auch die Liste JETZT schloss sich im Juni 2019 mit einem gleichlautenden Antrag[8] dieser Forderung nach einem generellen Verbot im Sinne des Vorsorgeprinzips an.

Die ÖVP brachte im Juni 2019 hingegen einen Antrag[9] für ein partielles Verbot von Glyphosat ein. Das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 solle dahingehend novelliert werden, dass das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat zu einer Verwendung in öffentlichen Parks oder Gärten, Friedhöfen, Sport-und Freizeitplätzen, Schwimmbädern, Schulgeländen oder auf Kinderspielplätzen oder in unmittelbarer Nähe von Gesundheitseinrichtungen oder zur Anwendung durch den nicht beruflichen Verwender für den Haus- und Kleingartenbereich ab dem 1.1.2020 verboten werden solle. Dieses beschränkte Verbot wurde damit begründet, dass ein absolutes Verbot betreffend Glyphosat in Österreich aufgrund der aufrechten Genehmigung bis 2022 derzeit EU-rechtlich nicht durchführbar sei. Es sollen damit jedoch bestimmte Anwendungen in der Nähe von sensiblen Bereichen eingeschränkt und dabei das Schutzniveau erhöht werden. Diese sollen nach einer Übergangsfrist ab dem 1.1.2020 in Kraft treten. In der Plenarsitzung wurde von der ÖVP vor allem auch die Sorge um mögliche Wettbewerbsnachteile für österreichische Bäuerinnen und Bauern hervorgehoben.

Bei der Abstimmung am 2.7.2019 setzte sich die SPÖ mit Unterstützung von FPÖ, NEOS und Liste JETZT mit eine Mehrheit für ein generelles Glyphosat-Verbot durch, wogegen der Antrag der ÖVP in der Minderheit blieb.[10]

Somit hat Österreich als erster MS ein nationales generelles Verbot des Pflanzenschutzmittels Glyphosat eingeführt. Ob dieses Totalverbot der Notifizierung der EU-Kommission standhalten wird, muss dahingestellt bleiben. Bei positivem Ausgang könnten jedoch auch andere MS diesen Weg beschreiten und der Vorreiterrolle Österreichs im Kampf gegen Glyphosat folgen. Jedenfalls gibt es tragfähige Argumente dafür, welche auch im Lichte des strengen EU-Harmonisierungsrechts mit Binnenmarktbezug gem Art 114 AEUV von Relevanz sind. Hierbei gilt es noch weiterhin die Kräfte zu bündeln und gemeinsam für das Totalverbot – welchem allenfalls die Nicht-Genehmigung durch die Kommission oder falls es dennoch in Kraft gesetzt würde, die Aufhebung durch den EuGH drohen könnte – einzutreten.

[1] Ranzenmayr, Gesundheitliche Auswirkungen und rechtliche Folgen aufgrund des Einsatzes von Glyphosat. Master Thesis, 2017.
[2] https://ec.europa.eu/germany/n..., abgerufen am 2.7.2019.
[3] der wohl bekannteste: Dewayne “Lee” Johnson gegen Monsanto.
[4] EuG Rs T-716/14 sowie Rs T-329/17.
[5] Vgl Pressemitteilung Nr. 15/19 des Gerichts der Europäischen Union vom 07.03.2019.
[6] Antrag 18/A vom 13.12.2017 (XXVI.GP).
[7] BGBl. I Nr. 10/2011, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 163/2015.
[8] Antrag 876/A vom 12.06.2019 (XXVI.GP).
[9] Antrag 909/A vom 12.06.2019 (XXVI.GP).
[10] https://www.parlament.gv.at/PA..., abgerufen am 3.7.2019.