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Studentische Lehre an Hochschulen in Österreich

Ein Arbeitsfeld aus dem UniNEtZ Schwerpunktbereich IV - Transformation in der Hochschullehre

Inspiriert durch einen Erfahrungsbericht der Universität Klagenfurt, wo Studentische Lehre bereits studentisch initiiert, entwickelt und erprobt worden war, wurde die Idee aus dem UniNEtZ-Schwerpunktbereich IV an die Universität Innsbruck herangetragen und gemeinsam mit dem Vizerektorat für Lehre, dem Nachhaltigkeitsbüro Green Office Innsbruck und dem Büro für Bolognaprozess und Lehrentwicklung ein Modus zur lokalen Umsetzung herausgearbeitet. Dieser Schritt ist gelungen und bereits ab dem Sommersemester 2024 konnten die ersten studentischen Lehrveranstaltungen (LV) stattfinden. Damit Studentische Lehre weite_r Kreise zieht, möchten wir Einblicke in den Umsetzungsprozess an der Universität Innsbruck geben und Erfahrungen gerne weitergeben.

Warum Studentische Lehre?

Studierende sind in der Regel die jüngste Personengruppe an Hochschulen und gehören damit der Generation an, die die Auswirkungen der Global Grand Challenges, wie z.B. die Klimakrise, am längsten und intensivsten spüren wird. Aus dieser Betroffenheit ergeben sich neue, zusätzliche Perspektiven, die es gilt, in die Hochschullehre zu integrieren. In Anbetracht der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts ist es besonders für junge Menschen essentiell, Ohnmachtsgefühlen entgegenzuwirken, Handlungsfähigkeit durch Kompetenzausbau zu stärken und somit eine aktiv-gestaltende Rolle einzunehmen. Diese Rolle soll im Rahmen der Studentischen Lehre gefördert und erfahrbar gemacht werden. Wir sehen großes Potenzial, so intergenerationales Lernen, Dialog und Partizipation zu begünstigen und „Räume für freies, kreatives und wagemutiges Denken“ (Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, 2024) zu schaffen.

Darüber hinaus legt das Format der Studentischen Lehre nahe, dass neue Lernpotenziale erschlossen und Perspektiven dazugewonnen werden. Die intensive inhaltliche und didaktische Bearbeitung der Themen in der Konzipierungsphase der LV bedingt entsprechende Kompetenzentwicklung und vertiefende Auseinandersetzung. Für die Studierenden eröffnet sich besonderes Identifikationspotenzial mit den LV-Leitenden. Dieser spezifische Lern- und Erfahrungsraum soll Gestaltungsmöglichkeiten erkennen lassen und Selbstwirksamkeit unter Studierenden fördern.

Wie kann Studentische Lehre umgesetzt werden?

Im Rahmen des Konzepts Studentische Lehre bekommen Studierende die Möglichkeit, Lehre selbst zu gestalten. Inhaltlich und didaktisch begleitet durch Hochschullehrende, werden Studierende bestärkt, Themen, die sie bewegen, in Lehrinhalte und -konzepte zu übersetzen und im Kontext einer LV unter Berücksichtigung entsprechender Qualitätskriterien selbst anzubieten.

Bei der Studentischen Lehre treffen Studierende in unterschiedlichen Rollen zusammen und erleben ein neues Lehr-/Lern-Setting. Dies soll gezielt Raum für Partizipation, Rollen- und Perspektivenwechsel und Empowerment geben. Studierende werden ermutigt, Themen und Sichtweisen, die sie ggf. im Kontext der Hochschulbildung vermissen, selbst einfließen zu lassen und so zukunftsgestaltend daran teilzuhaben.

Umsetzung an der Universität Innsbruck:

  • Der Wahlfachkatalog “Interdisziplinäre und Generische Kompetenzen” (IGK) ist dem Vizerektorat für Lehre und Studierende zugeordnet. Im Umsetzungsprozess der Studentischen Lehre an der Universität Innsbruck wurde die Einreichung der studentisch geleiteten LV-Konzepte im Bereich der IGK empfohlen und unterstützt.
  • Eine Jury entscheidet über die eingegangenen Anträge zu den IGK. Neben der Eignung der Lehrenden für das Thema und der Qualität des Konzepts werden hier auch neue und spannende Ideen besonders berücksichtigt.
  • Studierende, die eine LV selbständig anbieten wollen, müssen einen höheren Bildungsabschluss besitzen als die Studierenden, welche die Veranstaltung besuchen sollen. Bspw.: Erst mit Bachelorabschluss können Veranstaltungen auf Bachelor-Niveau angeboten werden.
  • Ist dies nicht erfüllt, aber auch um die Organisation zu erleichtern und die Qualitätsansprüche der Jury besser zu erreichen, kann die Bildung von LV-Leitungs-Tandems von Studierenden und Hochschullehrenden oder Personen mit einem höheren Studienabschluss sinnvoll sein.
  • Der bezahlte Lehrauftrag geht direkt an Studierende und wird unter den einreichenden Personen aufgeteilt.
  • Der ECTS-Umfang sollte sich möglichst lückenlos in den üblichen Studienverlauf einfügen lassen, d.h. vorzugsweise 2,5 oder 5 ECTS.
  • Die entsprechende Mindestzahl an Anmeldungen muss erfüllt werden, damit die LV stattfinden kann.
  • Bei der ÖH gibt es die Möglichkeit, Fahrtkostenzuschüsse für Referent*innen zu beantragen.
  • Im Sommersemester 2024 hat beispielsweise die studentisch geleitete LV “Exploring Economics: Wirtschaft nachhaltig denken” erfolgreich stattgefunden. Darauf aufbauend wurde die Netzwerk-Regionalgruppe “Rethinking Economics Innsbruck” gegründet. Im Wintersemester 2024/25 wird die LV unter dem Titel “Exploring Economics: Einblick in die Vielfalt ökonomischer Theorien” erneut angeboten.

Literatur:

Leopold-Franzens-Universität Innsbruck (2024): Leitbild. URL: https://www.uibk.ac.at/universitaet/profil/leitbild.html (Letzter Aufruf: 16. Juli 2024)


Kontakt:

Milena Eberharter und Jens Weise, studentische-lehre@uninetz.at
Projekt UniNEtZ II | Schwerpunktbereich IV | Transformation in der Hochschullehre