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SDG 6: Zugang zu einwandfreiem und leistbarem Trinkwasser sowie Sanitärversorgung
Der Zugang zu einwandfreiem, bezahlbarem Trinkwasser und Sanitärversorgung (Target 6.1. und 6.2.) ist in Österreich allgemein gegeben. Es gilt jedoch zu hinterfragen wie nachhaltig und sicher das derzeitige System beispielsweise in Hinblick auf diverse zukünftige Entwicklungen wie Klimawandel, demographische Entwicklungen, „neue“ Problemstoffe und steigende Rohstoffpreise ist. Dies war eines der Themen beim Treffen der SDG 6 Arbeitsgruppe Ende September bei dem es unter anderem um die genauere Beschreibung und Identifikation verschiedener Problemfelder in Bezug auf die Targets im SDG 6 ging. Des Weiteren wurden ein gemeinsames Systemverständnis anhand von Systembildern und mögliche, daraus abgeleitete Optionen diskutiert.
Wasserreiches Österreich – regionale, zeitliche Defizite
Während in verschiedenen Teilen der Welt die Ressource Wasser immer knapper wird (Gassert et al., 2013), wird oft vom „Wasserreichtum Österreichs“ gesprochen. Tatsächlich übersteigt die theoretisch verfügbare Wassermenge den Wasserbedarf deutlich (ÖVGW, 2018). Dennoch gibt es lokale und saisonale Defizite sowie Engpässe bei kurzfristigen Spitzenverbräuchen. Diese sind beispielsweise bei längeren, sommerlichen Dürreperioden und hohen Temperaturen und den dadurch hervorgerufenen vermehrten Bewässerungsbedarf in Eigengärten und in der Landwirtschaft (z.B. nicht nur in den Hitzesommern 2003 und 2015, auch in den letzten Sommern). Zukünftige, kleinräumige Prognosen basierend auf derzeitigen Klimamodellen sind mit einigen Unsicherheiten behaftet, eine Zunahme der Anzahl von Hitzetagen und der Intensität von Extremereignissen (z.B. Trockenperioden und Hochwasserereignissen) gilt jedoch als wahrscheinlich (APCC, 2014). Weiters sind auch Verbrauchsspitzen aufgrund von Swimmingpool-Befüllungen im Frühling sichtbar (Neunteufel et al., 2017), dabei handelt es sich aber vor Allem um ein Managementproblem, da alle Swimmingpool-Besitzer am ersten heißen Wochenende gleichzeitig ihren Pool befüllen wollen.
In Hinblick auf Target 6.4., das auf eine Steigerung der Wassereffizienz abzielt, gibt es daher Optimierungsbedarf. Förderung und Erforschung von effizienten Bewässerungstechnologien und möglichen Maßnahmen zur Verbrauchssteuerung (demand side managment), um Verbrauchsspitzen zu reduzieren, sind mögliche Ansätze (Neunteufel et al., 2017). Die Optimierung von Instandhaltungsmaßnahmen der Wasserinfrastruktur, beispielsweise in Hinblick auf Alterung und Leitungsverluste sollte ebenfalls angestrebt werden (Fuchs-Hanusch, 2015). Target 6.4. spricht explizit „alle Sektoren“ an (basierend auf ISIC Sektoren) (UN Water, 2017). In Österreich, wo ein Großteil des Wassernutzung auf die Industrie fällt (laut UBA, 2012, über zwei Drittel der österreichweiten Wassernutzung), sollte ein besonderes Augenmerk auch auf die Effizienzsteigerung der Wassernutzung in diesen Sektoren gelegt werden. Eine Steigerung der Wiederverwendung von Regenwasser und geringverschmutztem bzw. vor Ort gereinigtem Abwasser wäre ein zu diskutierender Ansatz in diese Richtung.
Eine Verbesserung der Daten- und Informationsgrundlage über die Ressourcenverfügbarkeit für zukunftsorientiertes Wasserinfrastrukturmanagement und –planung, Ansätze zur Steigerung der Wassernutzungseffizienz aber auch der Flexibilität und Resilienz in der Wasserversorgung sind unerlässlich, um auch in Zukunft eine sichere Versorgung mit ausreichend und qualitativ einwandfreiem Wasser zu ermöglichen.
Vom derzeitigen System – „flush-and-forget“ - zur Kreislaufwirtschaft?
Für den normalen Benutzer funktionieren das Trinkwasserversorgungs- und Sanitärentsorgungssystems in Österreich einwandfrei. Für Trinken, Essen, Duschen, Waschen steht rund um die Uhr, einwandfreies Trinkwasser zur Verfügung und eine kurze Betätigung der Klospülung ermöglicht die schnelle Entsorgung unseres Abwassers („flush-and-forget“). Je nach Studie werden in Europa zwischen 32 und 59 Liter Wasser pro Kopf und Tag für die Klospülung verbraucht (Neunteufel et al., 2012), oft wird dafür einwandfreies Trinkwasser verwendet, welches danach aufwendig gereinigt werden muss.
Das derzeitige Sanitärsystem ist allerdings nicht nur in Bezug auf die Ressource Wasser wenig effizient. Auch andere wichtige Ressourcen wie Stickstoff (N) und Phosphor (P) gehen vielfach auf diesem Wege verloren. Diese Nährstoffe werden bei der Ernte dem Boden entnommen und über die Nahrung von uns aufgenommen. Ausgeschieden werden sie zum Großteil über den Urin (laut Rose et al., 2015, N zu 76 % und P zu 60 %) und können, einmal mit Fäkalien und Abwasser vermischt, nur schwer und mit aufwändigen Mittel, z.B. in Form vom Klärschlammasche, wieder in den Nährstoffkreislauf gebracht werden. Verschiedene Ansätze, um die Ressourceneffizienz in diesem Bereich zu erhöhen, zielen vermehrt auf die Trennung der verschiedenen Stoffströme am Ort der Entstehung ab (je nach Trennverfahren z.B. in Grauwasser, Schwarzwasser, Urin, Fäkalien).
Unser derzeitiges Sanitärsystem ist in dieser Hinsicht sehr unflexibel (Mulder, 2019; Kleidorfer et al., 2013). Es setzt eine kontinuierliche Verfügbarkeit großer Mengen von Wasser voraus und die Rückgewinnung verschiedener Ressourcen durch deren Vermischung wird erschwert. Das über die Jahre gewachsene Kanalsystem, die Infrastruktur aber auch die Kenntnisse und Fähigkeiten diesbezüglich, stellen ein enormes Kapital dar, was Veränderungen in den Grundzügen des Systems entgegen steht (Mulder, 2019). Neben den generell relativ hohen Investitions- und Betriebskosten werden in den nächsten Jahren umfassende Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen erforderlich sein (ÖWAV, 2015; Kleidorfer et al., 2013).
Zukünftige Entwicklungen werden den Veränderungsdruck bzw. Anpassungsbedarf erhöhen: Der Klimawandel beeinflusst unter anderem hydrologische Randbedingungen wie Dargebot und Abfluss (Neunteufel et al., 2017). Demografische Entwicklungen wie Abwanderung vom Land in die Städte und geänderte Verbrauchsmuster verändern die Auslastung der gegebenen Infrastruktur (Neunteufel et al., 2017, Kleidorfer et al., 2013). „Neue“ Problemstoffe (Spurenstoffe, Mikroplastik, Nanopartikel, …) werden oft von der derzeitigen Abwasserreinigung nicht oder unzureichend erfasst (Lechner et al., 2014) oder gelangen über andere Wege in den Boden und schließlich ins Grundwasser (Herzog et al., 2015). Die Rückgewinnung von Sekundärressourcen wie Phosphor, Metallen, organische Substanz und Mikronährstoffen stellt eine Möglichkeit zur Reduzierung der Abhängigkeit von Stoffimporten aus dem Ausland und zur Schonung der Primärressourcen dar (Kretscher et al., 2018; Mulder, 2019). In Anbetracht steigender Rohstoffpreise (Cordell and White, 2015) gilt es diverse, innovative Systeme und Ansätze zu diskutieren. Die Herausforderung besteht darin, Energie und Ressourcen aus dem Sanitärsystem zurückzugewinnen und dabei die Sanitärleistung beizubehalten oder zu erhöhen und Emissionen zu verringern.
Arbeit im UniNEtZ zu SDG 6
Ein zentraler Punkt der Arbeit in der SDG 6 AG wird in der Diskussion und Abschätzung des Potentials diverser ressourcenorientierter Ansätze in der Siedlungswasserwirtschaft liegen. Ein Fokus wird auf den oben genannten Ansätzen in der Sanitärversorgung (basierend auf der getrennten Sammlung der Stoffströme) liegen. Weitere derzeit diskutierte Themen bzw. Leitoptionen sind, neben der Erhöhung der Effizienz bei Wassernutzung, die Förderung von Blue-Green Infrastructure, die Renaturierung von Fließgewässer, die Reduktion von diffusen Nährstoffeinträgen, aber auch die Reduktion der Einleitung von Mischwasser & Schmutzwasser sowie von unbehandelten Niederschlagswasser von befestigten Flächen. Zusätzlich werden derzeit Maßnahmen in dem Bereich verbesserter Grundwasserschutz, Stärkung von Integrated Water Resources Management, Erhöhung der Ausgaben für wasserrelevante Entwicklungszusammenarbeit, verbesserte Einbindung der Stakeholder, Reduktion von Mikroschadstoffen (Medikamentenrückstände, Personal-Care-Products, Nano-Partikel, Reifenabrieb) im Abwasser und Verfügbarkeit öffentlicher Toiletten für Bedürftige angedacht.
Literaturverzeichnis
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